Lauter Sprüche
Der Sprücheklopfer und andere Zusammensetzungen
Sprüche aller Art
Das Wort Spruch findet sich häufig in zusammengesetzten Wörtern, entweder am Anfang oder am Ende. Derartige Komposita bestehen aus dem Grundwort am Ende des Wortes und dem Bestimmungswort davor. Das Grundwort sagt, worum es geht, das Bestimmungswort liefert die nähere Beschreibung, gut zu erkennen an den beiden Beispielen Spruchdichter und Dichterspruch.
Analog zum Spruchdichter, dem Dichter eines Spruchs, kennen wir Spruchband, Spruchkörper, Spruchreife, Spruchkammer, Spruchsammlung, Spruchweisheit und Spruchwort – hoppla, das heißt doch Sprichwort!
Zum Dichterspruch, dem Spruch eines Dichters, gesellen sich aus ganz alten Zeiten der Orakelspruch, der Bannspruch und der Wappenspruch, auf Kalenderblättern fanden und finden sich der Merkspruch oder Sinnspruch, mit Harry Potter wieder in Mode gekommen ist der Zauberspruch, der Wahlspruch heißt jetzt Slogan und der Trinkspruch fristet als Prost ein stark verkürztes Dasein.
Entstehung des Begriffs „Sprücheklopfer“
Sprüche gibt es wie Sand am Meer (die Redewendung findet sich schon in der Bibel), Sand kann man nicht klopfen, Sprüche schon? Was hat es also mit den Sprüchen auf sich, die einer klopft?
Der Spruch war und ist ein wichtiger Teil der Rechtssprache, als solcher ein Urteil, eine Entscheidung.
Wir kennen den Richterspruch, den Schiedsspruch, den Urteilsspruch sowie abgeleitet den Einspruch, den Widerspruch, den Wahrspruch der Geschworenen, den Freispruch, den Anspruch.
Schon im Mittelalter ist überliefert, dass ein Spruch getan, gemacht oder gefällt wird (siehe dazu Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Band 17, Spruch). Geklopft wurde er damals nicht, dennoch gab und gibt es einen Sprücheklopfer.
Der Spruch als die Entscheidung, mit der eine Streitsache beendet wurde, verdiente die ungeteilte Aufmerksamkeit der Anwesenden. Der Spruchbeamte, ein Beamter mit richterlichen Funktionen, klopfte daher nach Verkündung der Entscheidung mit dem Hammer deutlich hörbar auf den Tisch. Er gab mit diesem Hammerschlag das akustische Zeichen, dass die Sache nun beendet und geregelt ist. Der Sprücheklopfer war nach dieser Herleitung also ein gewichtiger Mann mit Ansehen, dem man kraft seines Amtes zuhörte und der seine Entscheidungen durch einen Hammerschlag beschloss und bekräftigte.
Der Sprücheklopfer heute
Der Hammer im Rechtswesen ist uns hierzulande nur aus amerikanischen Filmen ein Begriff, in heimischen Gerichtssälen erinnert sich niemand daran, dass er je Verwendung fand. Der Sprücheklopfer im althergebrachten Sinn hat daher seine Grundlage, den Hammer, verloren.
Dennoch gibt es den Begriff noch, nur hat er sich radikal gewandelt. Der Sprücheklopfer verkündet und beschließt keine (wichtigen) Entscheidungen mehr, er hat sich dem Wandel von Zwang und Formgebundenheit in Ungezwungenheit und Lässigkeit angepasst und tut sich bloß durch großspuriges Sprechen hervor. Er mutiert zwanglos (eben!) zum Phrasendrescher, der kein Getreide, sondern nur mehr Phrasen drischt.
Wer diesen Bedeutungswandel des Sprücheklopfers vom ehrwürdigen Beamten zum Angeber, Aufschneider, Prahlhans nur schwer nachvollziehen kann, dem verrate ich ein Geheimnis: ich selbst bin eine begeisterte Sprücheklopferin! Ich klopfe viel lieber Sprüche als Steine, ganz wie der Phrasendrescher, der die Phrasen eindeutig dem Getreide vorzieht 😉.